Verkehr und Hitze: Es braucht kühlende Maßnahmen

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die mittlere Zahl der Tage über 30 Grad Celsius in Städten mehr als verdoppelt. Hitze beeinträchtigt nicht nur die Lebensqualität, sondern stellt auch ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko für Kinder, ältere Menschen und Kranke dar.

Der Verkehr ist in Städten neben Gebäuden die zweitgrößte vom Menschen verursachte Wärmequelle. Zusammen mit den vielen versiegelten (Verkehrs-) Flächen und den auf Straßen abgestellten Pkw verschärft der Kfz-Verkehr an heißen Tagen die Hitzebelastung.

Im Zeitraum 1991 bis 2020 war die mittlere Zahl der Tage über 30 Grad Celsius in Städten in Österreich mehr als doppelt so hoch wie im Zeitraum 1961 bis 1990. Hohe Temperaturen stellen besonders für Kinder, Ältere und Kranke ein hohes Gesundheitsrisiko dar. In den Sommern der Jahre 2021 bis 2023 sind insgesamt 511 Todesfälle auf Hitze zurückzuführen. Versiegelte Verkehrsflächen sowie die von Kfz erzeugte Abwärme verstärken an heißen Tagen die Hitzebelastung in Städten. Um dem entgegen zu wirken braucht es Entsiegelung und mehr kühlende Grün- und Wasserflächen.

Kfz-Verkehr erhöht Hitzebelastung mehrfach

Die Abwärme des Verkehrs ist in Städten für bis zu 30 Prozent der anthropogenen Wärme-Emissionen verantwortlich und damit nach Gebäuden die zweitgrößte anthropogene Wärmequelle. Verglichen mit der Körperabwärme der Bevölkerung wird in Wien nur vom Pkw-Verkehr täglich bis zu dreimal so viel Abwärme verursacht. Straßen speichern Wärme und geben diese nachts an die Umgebungsluft ab. Aufgeheizte und auf Straßen abgestellte Pkw reduzieren die nächtliche Kühlung. Schadstoffemissionen verstärken die Hitzebildung und behindern die Luftzirkulation.

Zahlreiche Gesundheitsrisiken durch Hitze

Hitze belastet den menschlichen Körper und kann zu Herz-Kreislauf-Problemen, Hitze-Erschöpfung oder einem Hitzschlag führen sowie Herzinfarkte und Schlaganfälle auslösen. Ältere, Kinder und Menschen mit chronischen Vorerkrankungen sind von Hitze besonders betroffen. Hitze begünstigt zudem die Verbreitung von Luftschadstoffen, wie zum Beispiel von Feinstaub und Ozon. Gesundheitlich besonders belastend sind länger andauernde Hitzeperioden, da sich der Körper durch die fehlende Nachtabkühlung nicht ausreichend erholen kann. Studien prognostizieren für die Mitte des Jahrhunderts zwischen 1.000 und 3.000 Hitzetote pro Jahr in Österreich. Die nächtliche Abkühlung spielt eine besondere Rolle, da das nächtliche Lüften für viele Personen oft die einzige Möglichkeit ist, die Temperatur in Innenräumen zu senken. Zu hohe nächtliche Temperaturen begünstigen Schlafstörungen. Übermüdung geht mit Konzentrationsschwierigkeiten und einem erhöhten Unfallrisiko einher.

Ungleiche Betroffenheit der Bevölkerung

Typischerweise leben Menschen mit niedrigerem Einkommen in dichter verbauten Stadtteilen mit weniger Grün und sind daher von höheren Temperaturen stärker betroffen. Das Einkommen, das Alter und auch das Geschlecht sind maßgebliche Indikatoren bei der Betroffenheit von Hitze. Personen mit niedrigem Einkommen sind von Schlafstörungen aufgrund von Hitze dreimal so stark betroffen wie Personen mit höherem Einkommen. Personen über 65 Jahre sind fast doppelt so stark betroffen wie Personen unter 65 Jahren. Ältere Personen mit niedrigem Einkommen sind rund zehnmal so stark betroffen wie der Rest der Bevölkerung.

Hitzeinsel-Effekt in Städten durch Versiegelung

Der Verkehr ist in Österreich für 43 Prozent der Bodenversiegelung verantwortlich. Vor allem in städtischen Gebieten, wo es typischerweise oft an kühlenden Grün- und Wasserflächen sowie Luftzirkulation fehlt, führt der hohe Anteil an Versiegelung zu einem deutlichen Temperatur- unterschied im Vergleich zu weniger versiegelten Gebieten. Der sogenannte Hitzeinsel-Effekt verschärft die städtische Hitzebildung, weil sich die Sonneneinstrahlung gemeinsam mit den Wärme-Emissionen von Kfz-Verkehr und Gebäuden in den versiegelten Flächen speichert. In großen Städten kann der Temperaturunterschied zum ländlichen Raum bis zu zehn Grad Celsius ausmachen.

Abwärme von Pkw erhitzt Städte zusätzlich

Beim Verbrennen von Treibstoff oder bei der Nutzung von Strom aus der Batterie wird Wärme freigesetzt. Folglich haben alle Faktoren, welche die Effizienz von Fahrzeugen betreffen, wie Antriebsform, Fahrzeuggewicht, Motorleistung, Fahrweise und Geschwindigkeit, Einfluss auf die freigesetzte Wärme. Der Pkw-Verkehr in Wien verursacht jeden Tag zwischen 13 und 20 Gigawattstunden Abwärme. Das ist etwa dreimal mehr als die abgegebene Körperwärme der Bevölkerung in Wien. Da elektrische Antriebe deutlich effizienter sind als Verbrennungsmotoren, trägt die Elektrifizierung der Pkw-Flotte dazu bei, die Abwärme des Pkw-Verkehrs zu verringern. Im Idealfall geht dies auch mit einer Reduktion der gefahrenen Kilometer einher. Zudem verringert die Verlagerung auf noch energieeffizientere Mobilitätsformen, dazu zählt der Öffentliche Verkehr sowie aktive Mobilität wie Gehen oder Radfahren, die Abwärme.

Parkende Pkw verzögern Abkühlung

Die erzeugte Abwärme von Pkw wird auch noch während des Parkens an die Umgebung abgegeben, wodurch sich diese erwärmt. Der Schatten, der durch das Parken unter dem Pkw entsteht, ist nur bei weiß oder heller lackierten Fahrzeugen ein Vorteil, da sich diese weniger stark durch die einstrahlende Sonne aufwärmen als die Fahrbahn. Dunkel lackierte Pkw erhitzen sich genauso stark wie die Fahrbahn.20 Da dunkler Asphalt viel mehr Wärme als Schotter- oder Grünflächen speichert, verstärken parkende Pkw auf versiegelter Fläche den Hitzeinsel-Effekt. Zudem behindern parkende Pkw das nächtliche Abkühlen des Straßenbelags. Eine Studie zeigt, dass je zehn mehr parkende Pkw in engen Straßen, die Temperatur zwischen 0,5 und 1,6 Grad Celsius ansteigt.

Hitze verändert Mobilitätsverhalten

Bei Temperaturen von über 25 Grad Celsius empfinden Menschen ein hohes thermisches Unbehagen. Wege werden oft entweder vermieden oder wenn möglich mit klimatisierten Verkehrsmitteln zurückgelegt. Die Wetterbedingungen beeinflussen Freizeitwege stärker als Arbeitswege. Am empfindlichsten auf Wetterbedingungen reagiert der Anteil des Radverkehrs. Studien zeigen, dass der Anteil des Radverkehrs bis etwa 25 Grad Celsius steigt, und bei Temperaturen über 25 Grad Celsius wieder zurückgeht.

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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