Zweitstärkster geomagnetischer Sturm seit 2005

Das Space Weather Office der GeoSphere Austria registrierte in der Nacht von Donnerstag auf Freitag den zweitstärksten geomagnetischen Sturm seit 2005. In vielen Regionen Europas wurden Polarlichter beobachtet. Schäden in Stromnetzen sind nicht zu erwarten. Störungen bei globalen Navigationssystemen sind möglich.
Die Sonne sendet ständig Strahlung und geladene Teilchen in den Weltraum. Bei einer Sonneneruption ist dieser Teilchenstrom (Sonnenwind) in einem begrenzten Gebiet der Sonne für kurze Zeit deutlich stärker (Sonnensturm). Treffen Magnetfelder und Teilchen eines Sonnensturms auf das Magnetfeld der Erde, sind Polarlichter möglich und können im seltenen Extremfall sogar zu Störungen in Navigationssystemen und Stromnetzen führen.

Die Vorhersage von Sonnenstürmen war bisher nur begrenzt möglich, ist aber eine Schlüsseltechnologie, die Auswirkungen auf viele Bereiche der Technik hat. Das Space Weather Office der GeoSphere Austria in Graz ist eine der führenden Gruppen weltweit, die an genaueren Vorhersagemodellen arbeitet.

Sonnensturm erreichte Donnerstag die Erde

Am Donnerstag, 11. Oktober 2024, erreichte um 16:49 Uhr (Mitteleuropäische Sommerzeit) ein Sonnensturm die Erde und sorgte anschließend für Polarlichter in Österreich sowie weltweit in hohen bis mittleren Breitengraden. Dichte Wolken haben die Sichtbarkeit der Polarlichter in Österreich stark eingeschränkt. Beobachtungen waren vor allem im Norden und Westen Europas sowie in Slowenien und Italien möglich.

Trotzdem konnten im Laufe der Nacht auch in Österreich einige das Naturschauspiel beobachten, wobei es die besten Bedingungen in in Vorarlberg und Tirol gab. Auch auf Webcams sind die Polarlichter erkennbar (->foto-webcam.eu).

Gute Vorhersage der Ankunftszeit

Der Sonnensturm startete in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch, begleitet von einem starken Strahlungsausbruch, der Mittwoch um 02:00 Uhr recht zentral auf der Sonnenoberfläche beobachtet werden konnte. „Mittels sogenannter Koronografaufnahmen von Weltraumteleskopen wurde schnell ersichtlich, dass sich der Sturm mit hoher Geschwindigkeit auf die Erde zubewegt”, sagt Eva Weiler vom Space Weather Office der GeoSphere Austria, „die Parameter, die von solchen Aufnahmen abgeleitet werden können, insbesondere Richtung und Geschwindigkeit des Sturms, sind wichtige Anfangswerte für Modelle, die die Ankunftszeit der Stürme bei der Erde vorhersagen. Unser Sonnensturmmodell schätzte die Ankunftszeit des Sturms bei der Erde auf fünf Stunden genau ab, was ein Wert innerhalb der Fehlergrenzen ist und daher als erfolgreiche Vorhersage gewertet werden kann.”

Vierfache Magnetfeldstärke eines durchschnittlichen Sonnensturms

Bei Sonnenstürmen ist die Ausrichtung des im Sturm mitgeführten Magnetfeldes ausschlaggebend für Effekte auf der Erde. Satelliten unmittelbar vor der Erde messen das Magnetfeld von Sonnenstürmen, was eine verlässliche Abschätzung der Stärke von Stürmen erst 10 bis 60 Minuten vor dem Auftreffen ermöglicht. Erste Daten zeigten, dass dieser Sonnensturm eine für Polarlichter begünstigende Ausrichtung hat und daher mit einer maximalen Magnetfeldstärke von rund dem Vierfachen eines durchschnittlichen Sturms zeitweise zu starken Veränderungen im Erdmagnetfeld geführt hat.

Außerdem ist die hohe Geschwindigkeit des Sturms, der mit 800 Kilometer pro Sekunde bei der Erde angekommen ist, ebenfalls ein fördernder Faktor für mögliche Auswirkungen auf der Erde. Das Maximum der geomagnetischen Sturms dürfte am Freitag um 03:00 Uhr erreicht worden sein.

Störungen bei globalen Navigationssystemen möglich

„Nach derzeitigem Stand ist der Sturm um etwa 20 Prozent schwächer als jener im Mai diesen Jahres. Damit ist dieser geomagnetische Sturm nach dem Mai-Event der zweitstärkste in diesem Sonnenzyklus und überhaupt seit 2005″, sagt Space Weather Expertin Eva Weiler, „Auswirkungen auf das Stromnetz sind nicht zu erwarten, aber es kann zu Störungen beim Gebrauch von globalen Navigationssystemen kommen. Der Sturm wird am Freitag noch einige Stunden andauern, was weitere Sichtungen von Polarlichtern in jenen Gebieten der Erde ermöglicht, die nicht dem Tageslicht ausgesetzt sind.”

Der aktuelle Sonnenzyklus ist stärker als der vorhergehende. Es ist nicht ganz klar, ob wir uns schon im Maximum der Sonnenaktivität befinden oder gerade kurz davor sind. In den nächsten Monaten könnte es aber weitere Sonnenstürme geben, die die Erde treffen und die auch unter günstigen Bedingungen zu Polarlichtern in Mitteleuropa führen können.

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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