Zwei Forscher der Universität Graz untersuchen im Rahmen des Sozialen Survey Österreich, wie sich der Nationalstolz, die österreichische Identität und Einstellungen zur Zuwanderung über die Jahrzehnte ändert. Stolz sind die Österreicher:innen heute vor allem auf die Leistungen im Sport und in der Kunst. Demokratie, Geschichte, Politik oder Wirtschaft verlieren an Bedeutung. Zuwanderung bleibt ein kritisches Thema, doch es gibt auch Befürworter:innen.
Was bedeutet es, „Österreicher:in“ zu sein, wie stehen die Bürger:innen zum Thema Zuwanderung und wie sieht es mit dem Stolz auf dieses Land aus? Und wie haben sich die Antworten im Laufe der Jahrzehnte verändert? Antworten auf diese spannenden Fragen liefert der Soziale Survey Österreich, der Daten aus den Jahren 1995, 2003 und 2024 vergleicht. Max Haller und Markus Hadler (Titelbild) vom Institut für Soziologie der Universität Graz leiten die Studie.
Die Abstammung hat im Laufe der Zeit an Bedeutung verloren. Wichtiger ist es heute, sich als „Österreicher“ zu fühlen und die Gesetze des Landes zu respektieren. „Die Menschen sind besonders stolz auf die Kunst und Literatur aus Österreich“, erklärt Max Haller. „Politischer oder wirtschaftlicher Einfluss in der Welt ist nicht mehr so wichtig wie früher.“
In den vergangenen 30 Jahren hat Österreich viele neue Menschen aufgenommen. Das hat auch die Meinungen in der Gesellschaft verändert. Viele sprechen sich dafür aus, die Zuwanderung zu reduzieren, aber es gibt eine Gruppe, die sich für eine stärkere Öffnung einsetzt. „Es gibt zwei Seiten“, sagt Markus Hadler. „Die einen sehen mehr Kriminalität, die anderen eine kulturelle Bereicherung.“ Überraschend: Nur wenige glauben, dass Zuwanderung Jobs gefährdet.“
„Die Ergebnisse zeigen, Österreich verändert sich“, urteilen die beiden Soziologen. „Weg vom klassischen Nationalstaat hin zu einem Land, in dem es primär darauf ankommt, hier zu leben, die Gesetze zu achten und sich sozial und politisch zu engagieren.“ Die Frage der Herkunft der Eltern spiele nur eine kleinere Rolle.“ Das hat auch Einfluss auf den Nationalstolz, der sich seit 1995 klar verändert hat. „Menschen sind heute weniger stolz auf die Geschichte und den politischen Einfluss Österreichs, sondern mehr auf aktuelle Themen wie große Sportereignisse“, erklärt der Markus Hadler abschließend.
Daten frei zugänglich
Seit mehr als 30 Jahren sammeln Soziologinnen und Soziologen im Rahmen der „Sozialen Survey Österreich“-Studien (SSÖ) und des „International Social Survey Programm“ (ISSP) Umfragedaten zur Sozialstruktur und Wertehaltung der österreichischen Bevölkerung. Diese Studien leisten einen wichtigen Beitrag zur Dauerbeobachtung der österreichischen Gesellschaft. Das Kooperationsprojekt wurde 1986 von Prof. Max Haller begründet und wird mittlerweile von Prof. Markus Hadler geleitet. Es handelt sich dabei um eine Zusammenarbeit der Universitäten Graz, Linz, Salzburg und Wien.