Immer der Nase nach: Was hinter den typischen Weihnachtsaromen steckt

Weihnachten ist eine besondere Zeit, in jeder Hinsicht. Vom Stress rund um das Beschaffen von Geschenken über volle Weihnachtsmärkte bis hin zur wohlig-warmen Stimmung durch Weihnachtsbeleuchtungen. Auch ein weiterer Sinn wird in der Weihnachtszeit voll beansprucht: der Geruchssinn. Der Winter allgemein und Weihnachten im Speziellen locken mit ganz besonderen Aromen, die wir automatisch mit der Festtagszeit verbinden. Mit Sandra Holasek, Ernährungsexpertin an der Med Uni Graz, haben wir über die gesundheitlichen Aspekte verschiedener typischer Weihnachtsaromen gesprochen.

„Die Weihnachtszeit ist stark durch Emotionen geprägt. In entsprechenden ,Ausnahmesituationen‘ greifen wir auf das Prinzip der ,bewertenden Konditionierung‘ (evaluative conditioning [EC]) zurück. Wir prägen uns vor allem Gerüche und Geschmackserlebnisse ein, um auf herausfordernde Situationen besser vorbereitet zu sein. Im Zusammenhang mit Lebensmitteln funktioniert dieser Mechanismus spürbar effizient. Hinzu kommt, dass der Mensch Geruchs- und Geschmacksrezeptoren nicht nur in Nase und Mund, sondern auch im Verdauungstrakt als Unterstützer hat und damit die Einprägung sehr groß ist“, erklärt Sandra Holasek.

Weihnachts-Champion Zimt

Ein Geruch, dem man zur Weihnachtszeit nicht entkommen kann, ist Zimt. Das Gewürz, das aus der Baumrinde des Ceylon-Baumes (oder anderer Zimtbäume) gewonnen wird, ist zur Weihnachtszeit allgegenwärtig. Die Kombination Apfel und Zimt ist ein Klassiker und findet sich in Tees, Gebäck, Kompotten und vielem mehr. Apfel und Zimt wird beruhigende Wirkung zugesprochen, die Nase und Gaumen aktiviert. Zimt in typischen Weihnachtsbäckereien wie Lebkuchen oder Spekulatius kam aufgrund des zu hohen Gehalts von Cumarin, einem aromatischen Pflanzenstoff, in Diskussion, vor allem in preiswerterem Zimtgebäck. Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) gibt aber Entwarnung, da sich der Verzehr auf die Wintermonate beschränkt und daher über das Jahr verteilt die Referenzwerte nicht überschritten werden. „Falls eine größere Menge an Zimtgewürz verzehrt wird, sollte Ceylon-Zimt, der deutlich niedrigere Cumarin-Gehalte aufweist (ca. ein Hundertstel), verwendet werden. Zur Unterscheidung von Cassia- und Ceylon-Zimt kann man beim gemahlenen Gewürz den Aufdruck auf der Verpackung lesen. Bei Zimtstangen unterscheiden sich die Zimtsorten durch die Dicke der Gewürzblätter: Ceylon-Zimt weist wesentlich dünnere Blätter, ähnlich einer Zigarre, auf, Cassia-Zimtstangen bestehen hingegen aus deutlich dickeren Blättern. Kinder sollten beispielsweise Grießkoch oder andere Speisen mit nicht mehr als einem halben Teelöffel Zimt (0,5 g) am Tag verzehren“, erklärt Sandra Holasek den Unterschied zwischen den Sorten.

Mandarinen und ihre Geschwister

In unseren Breiten ist die Winterzeit auch Mandarinenzeit. Die süßen Vitamin-C-Spender sind Fixpunkt in jedem Nikolaussackerl und ein Renner im Obstregal, sobald die Temperaturen sinken. Zesten von Zitrone, Orange und anderen Zitrusfrüchten gehören in viele Teige und Orangenaromen finden sich auch in Glühweinen und weihnachtlich angehauchten Speisen. Neben Vitamin C enthält die Mandarine auch die Vitamine B1, B2, B3, B9 und Vorformen von Vitamin A. „Um den Vitamin-C-Bedarf zu decken, sollte man sich aber nicht nur auf die Mandarine verlassen, sondern noch auf andere Vitamin-C-Bomben wie gefrorene Beeren, Petersilie, Sauerkraut, Kren, Paprika oder Grünkohl bzw. Kohlsprossen setzen“, führt Sandra Holasek Alternativen zu den Zitrusfrüchten auf.

Die süße Heldin der Weihnacht

Sobald es süß wird, kommt man in der Weihnachtszeit um ein Gewürz nicht herum: die Vanille. Das Vanillekipferl ist eines der, wenn nicht das bekannteste „Kekserl“, doch die Vanille wird auch in vielen anderen Keksteigen und Rezepturen als unverzichtbarer Geschmacksbringer verwendet. Die Vanille wird als „süß“ wahrgenommen, verstärkt somit diese Geschmacksvariante und könnte eigentlich zum Zuckersparen bei Rezepten eingesetzt werden. Vanillekipferl und Co. enthalten sehr gehaltvolle Zutaten wie Butter, Zucker, Nüsse. Damit bilden sie mit durchschnittlich 30 bis 60 kcal/Stück nicht gerade die Grundlage für eine gesunde Ernährung. Doch nicht nur der Geschmack macht den Dopaminschub beim Keksgenuss aus: Auch die Textur und der Geruch spielen eine wesentliche Rolle, wieso uns Weihnachtskekse in wohlig-wonnige Weihnachtsstimmung bringen. „Die Butter ist eine wesentliche Zutat und bewirkt bereits eine Dopaminausschüttung im Gehirn, sobald man das Keks in den Mund nimmt. Dieser Prozess wird durch die kurzkettigen Fettsäuren in der Butter und das Knuspern im Mund ausgelöst“, streicht Sandra Holasek den Mehrwert des Geschmacksverstärkers Butter hervor.

Berauschender Rauch

Wichtige „Duftspender“ in der Weihnachtszeit sind auch Weihrauch und Myrrhe. Die Harze sorgen für einen unverkennbaren Duft, der in der Vorweihnachtszeit und rund um den Jahreswechsel unausweichlich ist. „Diverse klinische Studien untersuchen deren mögliche unterstützende therapeutische Wirkung bei entzündlichen Erkrankungen. Die Drahtzieherin der entzündungshemmenden Wirkung von Weihrauchharz ist die sogenannte Boswelliasäure“, schließt Sandra Holasek ab.

Credit: Med Uni Graz, Foto von Sandra Holasek

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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