“Es ist so ein richtiges Erwachen. Die Bäume, die ganzen Maiwipfel und alles explodiert regelrecht.” Spätestens wenn die ersten Hütten wieder aufsperren, ist sie da: die heißersehnte Jahreszeit. Der Frühling wird überall in der Steiermark – vom Grundlsee bis zum Gesäuse – gebührend und traditionsreich gefeiert.
Frühling feiern – Zwischen Grundlsee und Gesäuse
“Heimatleuchten” am Fr., 14.03., ab 20:15 Uhr
Vom berühmten Narzissenfest im Ausseerland
Während unten im Tal Narzissen in voller Pracht erblühen, sind hoch oben auf den Almen die Vorbereitungen für eine neue Saison im Gange. Hier erfordert jeder Handgriff Hingabe, Geduld und oft auch die tatkräftige Unterstützung der Familie oder wie bei den Narzissen der ganzen Dorfgemeinschaft. Claudia Lengdorfer von der Landjugend Bad Mitterndorf beschreibt eindrücklich, welches Engagement hinter dem berühmten Narzissenfest im Ausseerland steckt: „Das beansprucht einen ganzen Nachmittag zum Brocken, wo’st eigentlich so mit 15 bis 20 Leuten schon rechnen musst, dass du die schönen Narzissen zusammenbringst.“
Die Bienen und die Pflanzenwelt
Mit derselben Hingabe arbeitet Imker Ronald Royer an seinen Bienenstöcken, die im Frühling besonders viel Aufmerksamkeit benötigen. Er erklärt mit leuchtenden Augen, wie jede Biene in ihrem kurzen Leben verschiedene Rollen übernimmt, um die Pflanzenwelt der Region zu bereichern: „Die jungen Bienen, die werden die Ammen-Bienen, die pflegen zuerst die Brut. Dann müssen sie zu Wächterbienen werden. Und dann werden sie halt die Nektar-Verarbeitungsbienen. Und schlussendlich – das letzte Stadium – ist das gefährlichste, weil das sind die Flugbienen. Die müssen dann hinaus in die Gefahr. Und da muss man sich vorstellen, da reicht ja ein Wassertropfen. Und der kann so eine kleine Biene erschlagen.“
Die älteste Alm der Steiermark – die Kölblalm
Überall zeigt sich das neue Leben, mit dem der Frühling die Region erfüllt. Ariane Auch, die einst der Liebe wegen aus dem pulsierenden Berlin in das abgeschiedene Johnsbach zog, hat längst ihre Aufgabe in den Bergen gefunden und genießt die Gegensätze: „Berlin, größte Stadt Europas, und Johnsbach, kleinstes Dorf Europas…?! Krasser geht’s doch gar nicht, oder?“ Doch die Ruhe und Abgeschiedenheit des Gesäuses bieten für sie und ihre Familie genau das, wonach sie gesucht haben: eine Möglichkeit, im Einklang mit der Natur zu leben und die älteste Alm der Steiermark zu bewirtschaften. Mit Stolz zeigt sie ‚ihre‘ Kölblalm, auf der das Leben in seiner Ursprünglichkeit spürbar wird und auf deren Almwiesen die Kühe ihrer Familie den Sommer verbringen dürfen.
Kulinarik im Gesäuse
Ob beim mühevollen Auftrieb der Kühe auf die Alm, beim feinfühligen Abstimmen der richtigen Reifebedingungen für den traditionellen Steirerkas oder bei der liebevollen Zubereitung von hausgemachten Piroggen in der nach dem Gesäuse-Pionier benannten Heßhütte auf 1699 Metern – stets spielt die Natur die Hauptrolle, und die Menschen folgen ihrem Takt. Überlieferte Bräuche wie das Weihschwammtragen, bei dem langsam glimmende Baumschwämme das Osterfeuer in die Häuser bringen, sind lebendige Zeugnisse einer Kultur, die den Frühling in all seiner Vielfalt feiert. Wobei jeder so seinen eigenen Zugang hat: Robert Krenn, der den Brauch des Weihschwammtragens seit seiner Kindheit kennt – was aber noch gar nicht lange her ist – erzählt mit Begeisterung: „Ich geh schon seit meinem fünften Lebensjahr Weihschwammtragen. Und das hat mir bis jetzt schon sehr viel Spaß gemacht. Weil ma immer ein bissl Geld einsammelt. Und weil ma viel Süßigkeiten kriegen.“ Ob nun diese uralte Tradition in Robert eher das Zuckergoscherl oder den Traditionsbewahrer weckt, es zeigt, wie lebendig und vielschichtig die Bräuche in der Region und die Motivationen der Menschen dahinter sind. Viele Wege führen Richtung Frühling.
Bräuche und Traditionen in Schladming
Auch das musikalische Jungfrauenaufwecken in Schladming ist ein Brauch, der Geschichte und Gegenwart charmant vereint. Dabei hält ein nächtlicher Zug von Musikanten eine alte Melodie und eine fast vergessene Tradition lebendig. Ursprünglich sollten die Klarinetten- und Trommelklänge unverheiratete Frauen aus dem Schlaf holen – angeblich, um sie für den Tag des Fronleichnamsfestes rechtzeitig vorzubereiten. Weil dadurch einst ein großes Feuer gelöscht werden konnte, das nicht entdeckt worden wäre, wenn alle noch geschlafen hätten, wird die Tradition liebevoll fortgeführt, wobei man sich über den Begriff „Jungfrauen“ nicht allzu viele Gedanken machen sollte. Wie Elisa Royer augenzwinkernd erklärt: „Sie kommen schon seit neun Jahren mitten in der Nacht. Also man kann immer voll schwer einschätzen, wann genau sie kommen. Ob’s um Zwei in der Früh, ob’s um Fünf in der Früh kommen. Das ist eigentlich ganz ein lustiger Brauch, weil es den nur bei uns da gibt. Und den auch sonst keiner kennt.“ Und auch wenn die Musizierenden nicht mehr streng unverheiratet sein müssen, bleibt das Wecken eine Herausforderung, die viel Ausdauer erfordert – sowohl von den Musikanten als auch von den vermeintlich Schlafenden.
Anmutig und strahlend präsentieren sich beim Narzissenfest schließlich die neu gekürten Hoheiten. Ihre filigran gearbeiteten Kronen aus Seidenblüten, Glasperlen und Swarovski-Steinen stammen aus den geübten Händen von Hannelore Haas. „Jetzt bin ich wirklich eine Prinzessin!“, lacht die frischgebackene Narzissen-Prinzessin Celine Pichler und versucht damit jenes Glücksgefühl in Worte zu fassen, das sich bei der Erfüllung ihres Traumes einstellt.
Der von der steirische, produzierte Film „Heimatleuchten: Frühling feiern – Zwischen Grundlsee und Gesäuse“ macht erfahrbar, wie sehr Mensch und Landschaft im Norden der Steiermark miteinander verwoben sind, wie die erwachende Natur nicht nur die Landschaft, sondern auch die Herzen bewegt und erhellt.
“Frühling feiern – Zwischen Grundlsee und Gesäuse”
Fr., 14.03., ab 20:15 Uhr bei ServusTV und ServusTV On.
