Eine neue Studie unter der Leitung der GeoSphere Austria bestätigt erstmals die Annahme, dass Starkregen-Ereignisse in Österreich intensiver geworden sind. Die Regenmenge innerhalb eines Tages hat bei extremen Ereignissen in den letzten 40 Jahren um 8 Prozent zugenommen. Extreme Ereignisse innerhalb einer Stunde bringen mittlerweile um 15 Prozent mehr Regen als früher. Die Zunahme der Stundenmengen hängt direkt mit der Klimaerwärmung zusammen. Bei der Zunahme der Tagesmengen ist dieser Zusammenhang weniger deutlich, hier spielen Wetterlagen eine größere Rolle. Die Studie wurde diese Woche im renommierten Fachmagazin „Nature” veröffentlicht.
Viele Ereignisse und Untersuchungen der letzten Jahre ließen eine Zunahme von Starkregen und den damit verbundenen Überschwemmungen vermuten. Belastbare Auswertungen für extremen Regenmengen innerhalb kurzer Zeit, zum Beispiel für stündliche Regenmengen, wurden allerdings durch Messunsicherheiten und Beschränkungen in der Datenverfügbarkeit erschwert.
Zunahme bei Starkregen entspricht Änderungen bei Hochwasser
Eine Studie von GeoSphere Austria, Technischer Universität Wien, dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft sowie der Universität Graz zeigt jetzt erstmals mit robusten Messdaten, dass kurzfristige Starkregen-Ereignisse in den letzten Jahrzehnten deutlich stärker geworden sind und die Zahlen auch der Zunahme an Hochwasser Ereignissen entsprechen.
883 Wetterstationen, Zeitraum 1900 bis 2023
Die Studie „Increasing hourly heavy rainfall in Austria reflected in flood changes” (Zunehmender stündlicher Starkregen in Österreich spiegelt sich in Hochwasserveränderungen wider.) wurde diese Woche in der Fachzeitschrift „Nature” publiziert.
Untersucht wurden die Daten aus zwei voneinander unabhängigen österreichischen Messnetzen (GeoSphere Austria und Hydrografischer Dienst) mit insgesamt 883 Stationen, für den Zeitraum 1900 bis 2023. Die Ergebnisse beider Messnetze stimmen überein.
Stündlicher Starkregen bringt 15 Prozent mehr Wasser als früher
Für die Auswertung der stündlichen Regenmengen wurden Daten ab 1950 verwendet, weil aus der Zeit davor keine verwertbaren stündlichen Daten vorhanden sind. „Von 1950 bis 1980 zeigen die stündlichen Werte von Starkregen keinen Trend. In den 40 Jahren von 1980 bis in die Gegenwert nahmen die Starkregenmengen um rund 15 Prozent zu”, sagt Klaus Haslinger von der GeoSphere Austria, Hauptautor der Studie, „genauer formuliert: Ein durchschnittlicher Starkregen brachte im Zeitraum 2003 bis 2023 um 15 Prozent mehr Wasser als ein durchschnittlicher Starkregen im Zeitraum 1950 bis 1970.”
Stündlicher Starkregen reagiert auf Klimaerwärmung
Die Ergebnisse sind für alle Regionen Österreichs sehr ähnlich und decken sich mit Untersuchungen aus anderen Ländern Europas und auch aus Indien, Australien und den USA.
„Das zeigt, dass für die Zunahme der stündlichen Starkregenmengen in erster Linie die Klimaerwärmung verantwortlich ist”, sagt Klimaforscher Haslinger, „pro Grad Erwärmung kann Luft rund sieben Prozent mehr Wasserdampf aufnehmen, das zeigt ein durch die Clausius-Clapeyron-Gleichung definiertes physikalisches Gesetz. Die letzten 40 Jahre brachten in Österreich eine Erwärmung von rund zwei Grad, was somit ziemlich genau der aus den Stationsmessungen ermittelten Zunahme von Starkregen um 15 Prozent in den Messungen entspricht.”
Weniger einheitliches Bild bei Tageswerten
Die Auswertung der an einem Tag gefallenen extremen Regenmengen zeigt ein etwas differenzierteres Bild:
Von 1900 bis 1960 blieben die täglichen Starkregenmengen relativ konstant und gingen in den 1970er- und 1980er-Jahren etwas zurück. Von den 1990er- bis in die 2010er-Jahre erfolgte eine Zunahme der täglichen Starkregenmenge um 8 Prozent und anschließend blieben die Mengen in etwa auf diesem Niveau, mit einem Rückgang in den letzten zehn Jahren.
Deutliche Nord-Süd-Unterschiede bei extremen Tagesmengen
Markant ist bei den täglichen Mengen der Nord-Süd-Unterschied in Österreich. „Die Tagesmengen von Starkregen schwanken über die Jahrzehnte an der Nordseite der Alpen deutlich stärker als im Süden”, sagt Klimaforscher Klaus Haslinger von der GeoSphere Austria, „zusätzliche Untersuchungen zeigten hier einen sehr starken Zusammenhang der Regenmengen mit den Großwetterlagen. Deutlich stärker als bisher angenommen werden die Tagesmengen also von den Wetterlagen beeinflusst als von der Erwärmung.” Hier spielt vor allem das Auftreten von bestimmten Tiefdrucksystemen eine entscheidende Rolle, wie zum Beispiel von sogenannten „Vb-Wetterlagen” (für viel Regen im Großteil Österreichs verantwortlich), aber auch die Persistenz, also das örtliche Verharren von Wettersystemen.
Regenmengen bei schweren Gewittern hängen von Klimaerwärmung ab
Eine wichtige Erkenntnis der Studie ist somit, dass extreme Tagesmengen stark von der Entwicklung der Großwetterlagen abhängen, zum Beispiel von der Häufigkeit von Tiefdruckgebieten, die vom Mittelmeer nach Österreich ziehen. Durch die Wetterscheide Alpen ergeben sich damit deutliche regionale Unterschiede.
Die extremen Regenmengen innerhalb einer Stunde, wie sie vor allem im Zuge von schweren Gewittern auftreten, reagieren hauptsächlich auf die Erwärmung des Klimas. Das ist in den unterschiedlichen Regionen Österreich sehr ähnlich und auch weltweit.
Zusammenhang mit Hochwasser-Ereignissen
Ein weiterer Schwerpunkt der Studie befasste sich mit der Änderung von Hochwasserereignissen. Diesen Bereich bearbeitete vor allem das Team der Technischen Universität Wien. Zusammengefasst lässt sich sagen: Die Änderungen der Tagesmengen von Starkregen stimmen gut mit Änderungen von Hochwasser-Ereignissen mit großen Einzugsgebieten zusammen. Die Zunahme der stündlichen Mengen von Starkregen stimmt mit der Zunahme von kleinräumigen Hochwasser-Ereignissen zusammen (+24 Prozent in den letzten 40 Jahren).
Die Daten und Ergebnisse der Studie gehen auch direkt in das vor kurzem gestartete Forschungsprojekt „Wasser im Klimawandel – Unsere Wasserwirtschaft 2050+” ein, einer Zusammenarbeit zwischen der TU Wien, dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BML), der GeoSphere Austria und der Universität Graz.
