Guenther Maier – Verpasste Chancen im Salzkammergut: Warum die Bahn im Regionalverkehr endlich Priorität braucht

Kurz vor den Gemeinderatswahlen entdecken Kommunalpolitiker aller Couleur – von Altaussee bis Bad Mitterndorf – plötzlich das Thema öffentlicher Verkehr für sich. Auf einmal zeigt man sich interessiert an fehlenden Busverbindungen am Wochenende, unzureichenden Taktungen und der besseren Nutzung der Bahnhöfe als Mobilitätsdrehscheiben – zumindest ansatzweise.

Ein zentraler Aspekt bleibt jedoch unerwähnt: die bevorstehende grundlegende Neuordnung des inneralpinen Verkehrs mit der Inbetriebnahme der Koralmbahn im Dezember dieses Jahres. Dieses veränderte Verkehrsgefüge wird auch die Salzkammergutbahn betreffen. Künftig enden die bisher in Stainach-Irdning verkehrenden Züge nicht mehr dort, sondern werden nach Selzthal verlängert, um eine Anbindung an den neuen Interregio-Verkehr zwischen Graz und Linz zu ermöglichen. Gleichzeitig fällt jedoch eine wesentliche Verbindung weg: Die Verbindungen von und nach Wien über den Semmering entfallen. Da der Interregio Linz–Graz nicht über Bruck/Mur fährt, besteht dort keine Umsteigemöglichkeit mehr zum Fernverkehr Richtung Wien.

Zeitlich gesehen ist das weniger dramatisch: Schon heute sind die Verbindungen über Attnang-Puchheim und die Westbahn ab Kainisch gleich schnell, ab Bad Aussee sogar schneller. Problematisch ist jedoch, dass mit dieser Umstellung die Hälfte der bisherigen Verbindungen nach Wien wegfallen wird.

Eine mögliche Lösung liegt im Verkehrsdienstevertrag für Oberösterreich: Dieser sieht vor, dass die seit rund 20 Jahren in Obertraun endenden Regionalzüge endlich wieder bis Bad Aussee geführt werden. Damit könnte nicht nur der Wegfall der Semmering-Verbindungen kompensiert, sondern auch eine stündliche Anbindung an die schnellen Züge der Westbahn geschaffen werden – eine echte Chance für die Region. Doch in den beim steirischen “Tag der Öffis” am 28. Februar vorgestellten Fahrplanunterlagen war eine stündliche Verbindung bis Bad Aussee nicht vorgesehen. Einen Kommentar oder Aufschrei der Kommunalpolitiker: Vergebens. Bleibt also die Frage: Stundentakt? Bitte warten!

Besorgniserregend ist auch eine weitere Entwicklung: Während das Klimaticket in nahezu allen Regionen Österreichs für steigende Fahrgastzahlen gesorgt hat, verzeichnet die Salzkammergutbahn als eine der wenigen Bahnstrecken einen Rückgang der Passagierzahlen – allerdings nur im steirischen Abschnitt.

Wenn sich Lokalpolitiker also dem öffentlichen Verkehr widmen, sollten sie nicht nur über Busse sprechen, sondern auch die Hauptschlagader der Region – die Bahn – in den Fokus rücken. Es gilt, bestehende Chancen zu nutzen und den Busverkehr besser mit der Bahn abzustimmen. Sonst fahren weiterhin leere Busse durch die Gegend – und potenzielle Touristen aus Wien, die zunehmend ohne eigenes Auto anreisen möchten, könnten beim Urlaub das Ausseerland umfahren.

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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