Wissenschafts- und Forschungslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl verlieh heute im Weißen Saal der Grazer Burg die Forschungspreise des Landes Steiermark für das Jahr 2024. Der Erzherzog-Johann-Forschungspreis, der Forschungspreis und der Förderungspreis für Wissenschaft und Forschung sind mit jeweils 12.000 Euro dotiert und werden jedes Jahr für herausragende Leistungen im Bereich der Wissenschaft und Forschung vergeben.
„Die Steiermark ist das Forschungsland Nummer eins in Österreich. Die Forschenden an unseren heimischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind in den unterschiedlichsten Bereichen und weit über die Grenzen hinaus anerkannt. So gesehen stehen auch die Preisträgerin und die Preisträger der Forschungspreise 2024 für diese Stärke und Vielfalt der steirischen Forschungslandschaft. Mit den Auszeichnungen wollen wir außerdem die Bedeutung von Wissenschaft und Forschung ins Bewusstsein rücken und damit einen Beitrag zu einem breiteren Wissenschaftsverständnis leisten“, so Landesrätin Eibinger-Miedl.
Der Erzherzog-Johann-Forschungspreis wurde an Martin Gross vom Universalmuseum Joanneum, Abteilung Naturkunde (Sammlung Geologie und Paläontologie) verliehen. Leonhard Grill vom Institut für Chemie (Bereich Physikalische Chemie) der Universität Graz wurde mit dem Forschungspreis ausgezeichnet. Der Förderungspreis ging an Jana Lasser vom IDea_Lab der Universität Graz.
Erzherzog-Johann-Forschungspreis 2024 (für Leistungen, welche die politische, geisteswissenschaftliche und technologische Gesellschaftsentwicklung der Steiermark fördern):
Martin Gross vom Universalmuseum Joanneum, Abteilung Naturkunde (Sammlung Geologie & Paläontologie) für die Arbeit:
„The lithostratigraphic units of Austria: Cenozoic Era(Them) – Styrian Basin“
Gesteine archivieren die Ereignisse einer bestimmten Zeitspanne. Aber erst durch die räumlich–zeitliche (stratigraphische) Ordnung vieler Gesteinseinheiten wird eine Rekonstruktion der Erdgeschichte möglich. Eine klare Definition lithostratigraphischer Einheiten, basierend auf Gesteinsmerkmalen, ist dafür die primäre Voraussetzung. Im Steirischen Becken wurden zahllose Gesteinskörper benannt, meist aber unzureichend definiert. Mit der vorliegenden Arbeit werden die lithostratigraphischen Einheiten dieses Beckens so detailliert wie möglich historisch beleuchtet, beschrieben, räumlich und zeitlich miteinander in Beziehung gesetzt und geographisch verortet. Grundlage dazu sind eigene wissenschaftliche Arbeiten und Geländebegehungen der letzten drei Jahrzehnte sowie eine intensive Recherche der Fachliteratur über zwei Jahrhunderte Erforschungsgeschichte hinweg. Damit liegt ein umfassendes Nachschlagewerk vor, das als solide Basis für künftige geologische Kartierungen und Analysen der Beckenentwicklung über die Grenzen der Steiermark hinaus dienen soll. Abgesehen vom akademischen Aspekt (z.B. Veränderung der Landschaft, des Klimas, des Lebensumfeldes über Millionen von Jahren), kommt dem Wissen über den Aufbau des Untergrundes auch große sozioökonomische Bedeutung zu. Man denke nur an rohstoff-, bau-, energie- und wasserwirtschaftliche Interessen und Konflikte in einem Gebiet, das flächenmäßig rund ein Viertel der Steiermark umfasst und indem knapp zwei Drittel der Steirerinnen und Steirer leben.
Forschungspreis des Landes Steiermark 2024 (für hervorragende Leistungen anerkannter Wissenschafterinnen und Wissenschafter auf allen Gebieten der wissenschaftlichen Forschung):
Leonhard Grill vom Institut für Chemie (Bereich Physikalische Chemie) der Universität Graz für die Arbeit:
„Adsorbate motors for unidirectional translation and transport”
Bewegungen auf sehr kleinen Skalen im Bereich von Nanometern sind vollkommen anders als wir es in der makroskopischen Welt gewohnt sind, zum Beispiel spielt die Newton’sche Mechanik keine Rolle. Objekte auf der atomaren Skala bewegen sich im Allgemeinen statistisch verteilt in alle Richtungen. Das bedeutet, dass man bei Anregung eines Atoms oder Moleküls nicht voraussagen kann, ob sich das Teilchen vorwärts, rückwärts oder seitwärts bewegen wird. In einem bahnbrechenden Experiment wurde nun vom Team rund um Leonhard Grill ein vollkommen neuartiger molekularer Motor gefunden, der sich von alleine in nur eine Richtung bewegt und das mit einer Effizienz von 100 Prozent. Dabei benötigen diese neuen molekularen Maschinen keinen eingebauten Motor, sondern erhalten ihre Antriebsfunktion in Kombination mit der Oberfläche. Dadurch haben sie eine wesentlich einfachere chemische Struktur und sind folglich leichter herzustellen. Der atomare Aufbau des „Straßenbelags“, also der Oberfläche, spielt dabei eine wichtige Rolle. Außerdem konnte gezeigt werden, dass diese Nano-Maschinen auch echte Arbeit verrichten können, in dem sie einzelne Moleküle als „Fracht“ von einem Ort zu einem anderen transportieren, und zwar immer perfekt uni-direktional, was völlig neue Anwendungsmöglichkeiten eröffnet.
Förderungspreis des Landes Steiermark 2024 (für Wissenschafterinnen und Wissenschafter unter 40 Jahren):
Jana Lasser vom IDea_Lab der Universität Graz für die Arbeit:
„From Alternative conceptions of honesty to alternative facts in communications by U.S. politicians“
Welche Gründe und gesellschaftliche Veränderungen tragen dazu bei, dass Menschen wenig vertrauenswürdige Informationen teilen? Mit der Studie „From Alternative conceptions of honesty to alternative facts in communications by U.S. politicians“ konnte das Team um Jana Lasser erstmals den Zusammenhang zwischen einer fundamentalen Veränderung des Verständnisses von „Ehrlichkeit“ und der Verbreitung von Falschinformation belegen. Kann es sein, dass nicht nur Personen, die ihre Aussagen mit belastbaren Informationen begründen als „ehrlich“ gelten, sondern auch solche, die ihre Meinung authentisch vertreten – selbst wenn sie es dabei mit den Fakten nicht so genau nehmen? Um diese Hypothese zu belegen, haben die Forscherinnen und Forscher 3,8 Millionen Tweets von Kongress-Abgeordneten in den USA untersucht. Es zeigt sich, dass die Vertreterinnen und Vertreter beider politischer Lager seit dem Wahlsieg Donald Trumps Ende 2016 verstärkt ihre Meinungen und Überzeugungen via Twitter kommunizierten – wir nennen diese Art zu kommunizieren „belief-speaking“. Insbesondere bei Republikanerinnen und Republikanern ist das belief-speaking zunehmend verbunden mit Verweisen auf wenig vertrauenswürdige Nachrichtenseiten. Beim sogenannten „fact-speaking“ hingegen, also beim Kommunizieren mit Fokus auf objektiv verifizierbare Fakten, verwiesen Demokratinnen und Demokraten sowie Republikanerinnen und Republikaner gleichermaßen auf Quellen hoher Qualität und Vertrauenswürdigkeit.
Foto (©Fischer, Verwendung bei Nennung honorarfrei): Wissenschafts- und Forschungslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl (2.v.r.), Wissenschaftsminister Martin Polaschek (r.) und Landtagsabgeordneter Klaus Zenz (l.) mit der Preisträgerin und den Preisträgern der Forschungspreise 2024: Jana Lasser (3.v.r.), Martin Gross (2.v.l.) und Leonhard Grill (3.v.l.).