75 Jahre Forschung in der Hirlatzhöhle in Hallstatt

Am 26. November 1949 stiegen die Hallstätter Karl Pilz, Georg Lackner und Franz Vockenhuber vom Hallstatt Echerntal aus hinauf zu einem Höhlenportal am Wandfuß der Hirlatzwand, welches man bereits vier Monate vorher erkundet hatte. Die drei Männer hatten damals ein 4 m hohes, ellipsenförmiges Höhlenportal in 9 m Wandhöhe mittels Steigbaum erklettert. Man konnte dann rund dreißig Meter in den Berg eindringen und musste dann bei einer wassergefüllten Engstelle umkehren.
An diesen Novembertag stiegen die drei Männer nochmals zum Wandportal auf, eigentlich nur in der Absicht, die im Sommer stehen gelassene Leiter zu bergen. Doch Karl Pilz stieg nochmals in die Höhle ein und bemerkte, dass der sperrende Syphon verschwunden war. Gemeinsam konnten nun die Forscher rund 300 m weit in den Berg vordringen bis zur sogenannten Lehmhalle, der heutigen Karl Pilz unbenannten Halle.
Der 26. November 1949 gilt heute als der offizielle Tag für die Entdeckung der Hirlatzhöhle!
Natürlich war nun nach der Entdeckung der Hirlatzhöhle – anfangs hieß diese noch Obere Brandgrabenhöhle – die Begeisterung groß. Es folgte eine Höhlentour nach der anderen. Ein Jahr nach der offiziellen Entdeckung wurde das eigentliche Hauptsystem der Höhle erreicht und man nannte den fast 1 km langen Anfangsteil einfach „Zubringer“.
Bei einer diesen Expeditionen am 29. März 1952 kam es zu einem ernsten Zwischenfall, weil Karl Pilz beim Durchkriechen des Eingangsyphon auf der dünnen Eisdecke einbrach. In der Folge füllte sich die Engstelle mit Wasser und versperrte den Forschern den Rückweg. In einer großangelegten Rettungsaktion wurden mit Beteiligung von Höhenforschern aus Ebensee und Sierning 1200 Eimer Wasser ausgeschöpft und die Forscher befreit.
Mit Ende des Jahres 1953 war die Zeit der Pioniere beendet. Man hatte gemeinsam 3.5 km der Höhle erforscht und musste wegen technischer Schwierigkeiten vorläufig aufgeben. Außerdem waren die Forscher im Durchschnitt schon um die 50 Jahre alt.
Von der ersten Generation der Höhlenforscher möchte ich neben Karl Pilz noch folgende Personen besonders erwähnen.
Die Hallstätter Georg Lackner, Franz Vockenhuber, Mathias Kirchschlager, Hans Madlberger, Franz Pilz, Walter Günther und Othmar Schauberger. Der Salinengeologe Schauberger hat auch die ersten Höhlenpläne gezeichnet, welche an Genauigkeit bis heute unübertroffen sind. Besonders verdient um die Hirlatzhöhlenforschung in der Pionierzeit machten sich auch die Linzer Karl Trotzl, Ernst Strauß, Erwin Troyer, Ernst Hofreiter, Harald Messerklinger und Otto Kerschbaumer. Gustave Abel aus Salzburg und W. Franke aus München sollen in diesem Zusammenhang auch nicht unerwähnt bleiben.
Im Jahre 1954 fand die erste gemeinsame Großexpedition statt. Höhlenforscher aus Hallstatt, Linz und Sierning trafen sich beim ehemaligen Gasthaus „Zur Dachsteinwarte“. Den Besitzer des Hauses und Mitentdecker der Höhle Georg Lackner (gestorben 2013 im 101.Lebensjahr) sieht man im Bild als Zweiter von rechts unten. Die vierte Person in der gleichen Reihe ist Karl Pilz.
Dieses legendäre Zelt rund 1 km vom Eingang entfernt diente der ersten Forschergeneration als Stützpunkt.
2010 hat ein gewaltiges Hochwasser dieses Zelt weggeschwemmt.
Die aktuelle Hirlatzhöhle-Forschung:
75 Jahre später ist die Hirlatzhöhle (Kat. Nr. 1546/7 a-f) mit 118.325m (Stand April 2024) vermessener Länge und 1.660 m Höhendifferenz das zweitlängste bzw. dritttiefste Karstobjekt von Österreich. Die West-Ost Erstreckung beträgt fast 5.5 km, in Nord-Süd Richtung über 3.6 km.
Die denkmalgeschützte und abgesperrte Höhle hat sechs Eingänge, wobei drei Zugänge nur den Höhlentauchern vorbehalten sind. Der höchstgelegene Eingang befindet sich am Dachsteinplateau in 2003 m Meereshöhe in der Nähe vom Grünberg. Der tiefste Zugang liegt 65 m unter dem Seespiegel und kann nur von Extremtauchern über die Riesenkarstquelle „Kessel“ erreicht werden.
Zwischenzeitlich wurde auch eine Verbindung zu den teilweise wasserführenden Brandgrabenhöhlen hergestellt.
Nach wie vor werden die Begehungen durch das Portal in der Nordwand vom Vorderen Hirlatz durchgeführt. Aufgrund der gewaltigen Entfernungen innerhalb der Höhle sind geplante Neuforschungen ungemein zeitabhängig. Besonders viel Materialaufwand ist gerade bei den Taucheinsätzen notwendig.
Der Eingang der Hirlatzhöhle im Jahre 2004. Man kann es kaum glauben, dass ab hier über 118 km weit in den Berg hineingeht! Die Zukunft der Hirlatzhöhle-Forschung:
Diese gigantische Hirlatzhöhle mit ihren vielen domartigen Hallen, tiefen Schächten und hohen Schloten, Lehmlabyrinthe und unterirdischen Wasserläufen wird noch Generationen von Höhlenforschern beschäftigen. Derzeit sind vermehrt ausländische Höhlenforscher beteiligt, welche auf der Suche sind, eventuell eine Verbindung zur rund 67 km langen Dachstein-Mammuthöhle oder der 11 km Südwandhöhle herzustellen. Die aktuelle Gesamtlänge der Hirlatzhöhle per 30.03.2024 beträgt 118.325 Meter bei einer Tiefe von 1.559 Metern (von 2002 m N.N. bis 443 m N.N.). Die Nord-Süd-Erstreckung beträgt 3.915 m und die Ost-West-Erstreckung 5.550 m.
Der Kataster führende „Verein für Höhlenkunde Hallstatt-Obertraun“ hat 1998 (Walter Greger etc.) ein 400 Seiten starkes Buch mit dem Titel „Die Hirlatzhöhle im Dachstein“ herausgegeben. Wenige Exemplare sind im Höhlenverein noch vorrätig. Text Norbert Leutner und Franz Frühauf / Fotos Buch Die Hirlatzhöhle – Repro Franz Frühauf

1954 fand die erste gemeinsame Großexpedition statt.
2010 hat einen gewaltiges Hochwasser diese Zelt weggeschwemmt
Der Eingang der Hirlatzhöhle im Jahre 2004

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

error: (c) arf.at