191 Fenster- und Balkonstürze von Kindern in 15 Jahren: Warum jetzt das Risiko wieder drastisch steigt

Angesichts des frühlingshaften Wetters werden Wohnräume wieder deutlich häufiger gelüftet und neugierige Kleinkinder zieht es vermehrt in die Nähe von Fenstern und Balkonen. Dadurch steigt die Unfallgefahr bereits jetzt spürbar an, warnt die Präventionsinstitution KFV. In den letzten 15 Jahren ereigneten sich insgesamt 191 Fenster- und Balkonstürze von Kindern – 72 Prozent davon in nur sechs Monaten, nämlich von März bis August. Insgesamt 21 Fälle endeten tödlich. Pro Jahr sterben also 1 bis 2 Kinder wegen eines Fenstersturzes. Auf folgende Sicherheitsvorkehrungen sollte man derzeit besonders achten. 

Wien, 6. März 2025.  „Unbeaufsichtigte Kleinkinder beweisen oft erstaunliche Geschicklichkeit. Sie steigen auf Sofas, um ein Fenster zu öffnen, klettern über die Brüstungen von Balkonen oder stellen sich auf Sesseln, um einen Blick ins Freie zu werfen. Kleinkinder sind besonders gefährdet“, warnt Dr. Johanna Trauner-Karner, Leiterin des Bereichs Sport- und Freizeitsicherheit im KFV. KFV-Auswertungen zeigen: Von den mindestens 191 Kindern (bis 14 Jahre), die in den letzten 15 Jahren in Österreich bei Fenster- und Balkonstürzen verunglückt sind, waren 77 Prozent Kleinkinder im Alter von 9 Monaten bis 5 Jahren. 21 der 191 Stürze endeten tödlich, 160 Kinder wurden teils schwer verletzt, nur 10 Kinder blieben unverletzt. Hinzu dürfte eine gewisse Dunkelziffer kommen, denn nicht jeder Fenstersturz wird publik.  

Wien, Oberösterreich und Niederösterreich am häufigsten betroffen    
Mit 58 Fenster- bzw. Balkonstürzen von Kindern ereigneten sich in Wien in den vergangenen 15 Jahren die meisten Vorfälle, gefolgt von Oberösterreich (44 Fälle), Steiermark (24), Niederösterreich (23), Kärnten (13), Tirol (12), Salzburg (9), Vorarlberg (7) und dem Burgenland (1). Die KFV-Auswertungen zeigen außerdem ganz klar, dass Fenster- und Balkonstürze ab März deutlich zunehmen. 72 Prozent der Fälle in den vergangenen 15 Jahren entfallen auf nur 6 Monate (nämlich auf März bis August). Dr. Trauner-Karner mahnt daher schon jetzt zu erhöhter Wachsamkeit: „Bei mildem Wetter beobachten wir in manchen Jahren bereits im März eine erhöhte Dynamik, weil die Wohnräume vermehrt gelüftet werden. Durch den Klimawandel steigt das Risiko schon zu einem früheren Zeitpunkt.“ 

Schon Stürze aus einem Meter Höhe können fatal enden    
Fällt ein Kind auf den Kopf, kann sogar schon ein Sturz aus einem Meter Höhe tödlich enden. In höheren Stockwerken ist die Gefahr einen Sturz vom Fenster oder Balkon nicht zu überleben naturgemäß am größten, wobei auch die Härte des Untergrunds und andere Faktoren eine Rolle spielen. Die meisten der dokumentierten Fenster- und Balkonstürze ereigneten sich aus dem 1. Stock. Ungefährlich ist ein Sturz aus dem 1. Stock nicht. Ganz im Gegenteil: Von den 90 vom KFV analysierten Stürzen in den vergangenen 15 Jahren aus dem ersten Stock blieben nur 8 Kinder unverletzt, 78 wurden verletzt und 4 Fälle endeten sogar tödlich. „Bitte entfernen Sie Gegenstände von Fensterbrettern oder Balkonbrüstungen, die für Kinder reizvoll erscheinen und statten Sie Ihre Fenster und Balkontüren mit versperrbaren Griffen aus“, appelliert Dr. Trauner-Karner. In mindestens 14 Prozent der 191 Fälle waren Fliegengitter in die Unfälle involviert. „Fliegengitter bieten keinen Schutz vor dem Sturz aus dem Fenster, denn diese geben sehr schnell nach und halten auch dem Gewicht von Kleinkindern nicht stand“, warnt die Präventionsexpertin

KFV-Tipps gegen Fensterstürze

  • Platzieren Sie kein Mobiliar in der Nähe von Fenstern oder Balkontüren – Kinder nutzen Gegenstände wie Sessel, Tische etc. geschickt als „Kletterhilfen“!
  • Positionieren Sie Gegenstände, die für Kinder reizvoll erscheinen könnten, nicht auf Fensterbrettern oder Balkonbrüstungen.
  • Statten Sie Fenster und Balkontüren mit versperrbaren Fenstersicherungen aus! Bewahren Sie den Schlüssel außer Reichweite von Kindern auf.
  • Lassen Sie Kinder bei geöffnetem Fenster niemals unbeaufsichtigt und nehmen Sie sie mit in den Nebenraum, wenn Sie das Zimmer verlassen!
  • Achten Sie darauf, dass Fenstersicherungen dem Alter der Kinder entsprechen. Einige im Handel erhältliche Produkte können mit zunehmendem Alter von Kindern selbst geöffnet werden.

Nach Monaten: Fenster- und Balkonstürze von Kindern bis 14 Jahre; 2010 bis 2024 (15 Jahre)

Nach Ereignismonatengesamt 2010-2024
Jänner3
Februar7
März9
April16
Mai25
Juni30
Juli31
August26
September10
Oktober19
November5
Dezember10
Gesamt191

Quelle (alle Tabellen): KFV-Aufzeichnungen anhand von Medienberichten (Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit)

Nach Bundesländern: Fenster- und Balkonstürze von Kindern bis 14 Jahre; 2010 bis 2024 (15 Jahre)

Bundeslandgesamt 2010-2024
Wien58
Oberösterreich44
Steiermark24
Niederösterreich23
Kärnten13
Tirol12
Salzburg9
Vorarlberg7
Burgenland1
Österreich191

Nach Alter: Fenster- und Balkonstürze von Kindern bis 14 Jahre; 2010 bis 2024 (15 Jahre)

Alter in Jahrengesamt 2010-2024
< 1 Jahr1
1 Jahr28
2 Jahre38
3 Jahre33
4 Jahre33
5 Jahre 14
6 Jahre7
7 Jahre4
8 Jahre6
9 Jahre 6
10 Jahre7
11 Jahre6
12 Jahre5
13 Jahre2
14 Jahre1
Gesamt191

Nach Stockwerk: Fenster- und Balkonstürze von Kindern bis 14 Jahre; 2010 bis 2024 (15 Jahre)

Stockwerkgetötetverletztunverletztgesamt 2010-2024
EG0303
1. Stock478890
2. Stock138140
3. Stock421025
4. Stock oder noch höher1115026
k.a.1517
Gesamt 2116010191

Fliegengitter? Fenster- und Balkonstürze von Kindern bis 14 Jahre; 2010 bis 2024 (15 Jahre)

War ein Fliegengitter in den Unfall involviert?gesamt 2010-2024in %
ja2614%
nein bzw. unbekannt16586%
Gesamt191100%

Nach Geschlecht: Fenster- und Balkonstürze von Kindern bis 14 Jahre; 2010 bis 2024 (15 Jahre)

Geschlechtgesamt 2010-2024in %
männlich12264%
weiblich6836%
k.a.11%
Gesamt191100%

Foto:
Dr. Johanna Trauner-Karner, Leiterin der Abteilung Sport- und Freizeitsicherheit im KFV © KFV/APA Fotoservice/Krisztian Juhasz 

Über den Autor

Dr. Rainer Hilbrand
Medieninhaber u. Geschäftsführer

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